„Ich bin froh, dass wir jetzt von der Planung ins Handeln kommen.“

Bis 2035 soll die Netto-Treibhausgasbilanz der Evangelischen Kirche von Westfalen neutral sein. Dabei soll auch der jüngst verabschiedete Klimaschutzplan helfen, der Kirchenkreisen und Gemeinden konkrete Wege und Maßnahmen zur Umsetzung an die Hand gibt. Maßgeblich mitgestaltet hat ihn Simone Hüttenberend gemeinsam mit dem Klimabüro der EKvW, der landeskirchlichen Bauberatung und knapp 50 Aktiven aus allen Teilen der Landeskirche.

Zwischenfazit der Klimaschutzmanagerin nach drei Jahren Vorbereitung: Jetzt kann es richtig losgehen. Hier stellt sie sich, ihr Team und ihre Pläne vor.

Frau Hüttenberend, wie fällt Ihre Bilanz nach knapp drei Jahren als Klimaschutzmanagerin in der westfälischen Landeskirche aus?
Simone Hüttenberend:
 Wir haben es vor allem geschafft, das Thema an ganz vielen Stellen in die Fläche zu tragen – und damit die Vorbereitung für konkrete Maßnahmen geschaffen. Gerade im letzten Jahr haben wir gemeinsam mit den Kirchenkreisen es geschafft, die Stellenpolitik auf dieser Ebene voranzutreiben. In dieser Zeit sind bereits sieben Fachstellen für Klimaschutz geschaffen worden, die entweder schon angefangen haben oder zum Jahreswechsel einsteigen. Drei weitere Stellen sind ausgeschrieben, zusätzliche sieben sind in Vorbereitung oder bereits beschlossen.

Das heißt, die Kompetenz für die nötigen Maßnahmen ist dort jetzt aufgebaut. Was sind die nächsten Schritte?
Hüttenberend:
 Das Thema Netzwerken wird sicher eines der ersten sein, die es anzugehen gilt. Schließlich können diese Experten voneinander profitieren und Ideen für Maßnahmen austauschen und diskutieren. Da sehe ich auch unser Klimabüro mit bald sieben Mitarbeiter*innen in der Pflicht, gelingende Zusammenarbeit zu ermöglichen und gute Schulungsangebote zu machen. Dazu sind wir breit aufgestellt: Bei uns gibt es Architekt*innen und Energieexpert*innen, einen Juristen, Fördermittelexperten und eine Pädagogin. Denn natürlich muss nicht jede und jeder einzelne für sich das machen, was alle anderen auch machen. Der Austausch über gelungene Projekte ist ganz wichtig. Ich bin froh, dass wir jetzt von der Planung ins Handeln kommen.

Wie genau können Maßnahmen für den Klimaschutz in den nächsten Jahren aussehen?
Hüttenberend: 
Die Stellen vor Ort sind da ganz unterschiedlich weit. Deswegen haben wir im Klimaschutzplan auch konkrete Meilensteine formuliert, wer an welcher Stelle im System in den kommenden Jahren welche Aufgaben hat. Auf landeskirchlicher Ebene geht es darum, Standards und Hilfsmittel zu erstellen. Kirchenkreise müssen sich vor allem mit dem Gebäudebestand in den Gemeinden befassen und da Informationen zusammentragen. Denn Gebäude sind für rund 80 Prozent unserer bilanzierten Emissionen verantwortlich, bieten also gleichzeitig rein rechnerisch das größte Einsparpotenzial.

Daran hängen wiederum strukturelle Entscheidungen, ganz konkret vor Ort in den Gemeinden.
Hüttenberend:
 Genau. Die Frage, welche Gemeinde mit wie vielen Personalstellen welche Gebäude nutzen kann, zum Beispiel. Danach geht es um Energieverbräuche und wie man sie senken oder umweltfreundlicher gestalten kann. Und diese Prozesse laufen an ganz vielen Stellen auch schon längst. Die Kirchenkreise tragen gerade Daten über den Status Quo zusammen. Das wird unser Vergleichswert. Dann wissen wir, wie viel wir in den kommenden Jahren einsparen müssen.

An vielen Stellen schwingt da vor Ort manchmal Angst mit – vor Veränderungen, vor Angeboten, die vielleicht wegfallen.
Hüttenberend:
 Es ist unsere Aufgabe, den Kirchengemeinden ein Bild zu vermitteln, auf das hinzuarbeiten sich lohnt. Und das ist eben nicht ein kaltes, leeres Kirchengebäude, sondern möglicherweise ein vielseitig genutzter, gut gedämmter und kompakter Gemeinde- und Quartiersraum.

Sie sagen also: Klimaschutz ist Teil der vielen Umstrukturierungen, die uns in Kirche ohnehin bevorstehen. Ein Punkt auf der Checkliste, die angegangen werden muss?
Hüttenberend:
 Ja, und das ist wichtig. Es gibt immer wieder Versuche, das Gemeindeleben gegen den Klimaschutz auszuspielen. So nach dem Motto: Wir haben dann die toll sanierten Gebäude, aber niemanden mehr, der Gemeindearbeit macht. Fakt ist: Die Gebäudekosten sind zu hoch. Bei der Reduzierung dieser Kosten ist der Klimaschutz eine von mehreren Möglichkeiten, Geld zu sparen. Es geht ja darum, weniger Ressourcen zu verbrauchen. Ressourcen, die von Jahr zu Jahr teurer werden. Klimaschutz ist also per se eine Einsparmaßnahme. Auch wenn, wie bei jedem Wandel, am Anfang auch investiert werden muss.

Welche anderen Bereiche können, auch mithilfe des Klimaschutzplans, jetzt angegangen werden?
Hüttenberend:
 Zum Beispiel das Thema erneuerbare Energien, aber auch den Bereich Beschaffung, also zum Beispiel eine möglichst klimafreundliche Verpflegung für Kitas und Schulen, regionale und saisonale Küche, wenn möglich frisches Kochen vor Ort. Dazu kommt das Kirchenland, also kirchliche Pachtflächen. Da müssen wir noch Informationen zusammentragen, über die Art der Flächen und welche Entwicklungspotenziale es dort gibt. An diesen Punkten sind wieder wir als Landeskirche gefragt, Hilfen anzubieten. Das können zum Beispiel einheitliche Musterbeschaffungsordnungen sein, die die Gemeinden oder Kirchenkreise nutzen können. Aber wir wollen Gemeinden und Verantwortliche auch dabei unterstützen, die Kommunikation all dieser Schritte, sowohl intern als auch nach außen, besser hinzubekommen. Damit sich im jeweiligen Quartier auch andere Player beteiligen, zum Beispiel durch die gemeinsame Nutzung von Gebäuden.

An wen können sich Gemeinden wenden, wer hilft?
Hüttenberend: 
Auf unserer Internetseite haben wir alle Ansprechpersonen zusammengefasst. Dazu gehören die ehrenamtlichen Umweltbeauftragten der Kirchenkreise, die Bauabteilungen bei Landeskirche und in den Kirchenkreisen. Und unser Team im Klimabüro steht natürlich auch zur Verfügung.

Welche Tipps haben Sie jetzt schon für Gemeinden?
Hüttenberend:
 Auf jeden Fall muss das Thema auf die Agenda, am besten als eigenständiger Punkt auf der Tagesordnung jedes ständigen Gremiums. Der zweite Punkt ist die Aufgabe, Verantwortliche zu benennen, die für das Thema brennen und in den Gremien vorkommen. Da kann durchaus auch in die Jugendarbeit geschaut werden, denn dort ist das Thema vielleicht nochmal präsenter. Und zuletzt braucht es einen Überblick, was gemacht werden muss.

Drei Tipps, aber trotzdem eine ganz schöne Aufgabe.
Hüttenberend:
 Das ist sie. Aber man kann ja einfach klein anfangen. Beim nächsten Gemeindefest auf Nachhaltigkeit achten oder ökofairen Kaffee anbieten, zum Beispiel. Auf jeden Fall sollte man keine Scheu haben, mit kleineren Projekten zu starten. Dann ist man auch nicht frustriert, wenn man nicht sofort alle Punkte auf der Liste schafft.

Quelle: Evangelische Kirche von Westfalen, Landeskirchenamt