Grundlegendes

Einleitung 

Der Kontext 

In den letzten Jahrzehnten hat sich die EKvW auf vielen Wegen für Klimaschutz und eine menschenwürdige und nachhaltige Entwicklung engagiert, die die Rechte aller Menschen achtet und schützt. Dahinter steht die Überzeugung, dass wir als Christinnen und Christen eine Mitverantwortung für die Bewahrung der Schöpfung tragen. 

Die EKvW hat sich im November 2022 mit ihrem Klimaschutzgesetz1 verbindliche Klimaschutzziele gesetzt. Das Klimaschutzgesetz der EKvW setzt die Klimaschutzrichtlinie der EKD2, die hier keine unmittelbar geltenden Rechtswirkungen entfaltet, im Kirchenrecht der EKvW um. 

Der Klimaschutzplan 

Das Klimaschutzgesetz trifft selbst keine Regelungen zu konkreten Maßnahmen, sondern sieht zu diesem Zweck das umfassendere und dynamischere Instrument des Klimaschutzplans vor. Er formuliert die Strategie zur Erreichung der Klimaschutzziele. Der Klimaschutzplan richtet sich an alle Ebenen der EKvW (Kirchengemeinden, Kirchenkreise, Landeskirche sowie deren Einrichtungen3) und benennt die Maßnahmen, die in den einzelnen Körperschaften zur Erreichung der Klimaschutzziele erforderlich sind. Damit ist er Werkzeug für die strategische Planung, Nachschlagewerk für die praktische Umsetzung und Maßstab zur Überprüfung der Zielerreichung.  

Der Klimaschutzplan wird alle vier Jahre (erstmals 2023) vom landeskirchlichen Klimabüro vorgelegt und von der Kirchenleitung beschlossen. Die Anhänge werden nicht mit beschlossen, sondern laufend aktualisiert. 

Zur Erarbeitung des Klimaschutzplans fand ein partizipativer Prozess statt. Über das Jahr 2023 hinweg veranstaltete das landeskirchliche Klimabüro 8 Fokusgruppen mit insgesamt 18 Onlinetreffen, bei denen die vom Klimabüro entwickelten Texte diskutiert und inhaltlich vertieft wurden. An den Treffen nahmen 47 ehren- und hauptamtlich Mitarbeitende aus allen Bereichen der EKvW teil. 

Das Klimabüro 

Das landeskirchliche Klimabüro ist ein Team von Mitarbeitenden, die an verschiedenen Stellen in die Struktur der Landeskirche eingebunden sind. In enger Zusammenarbeit mit vielen ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden unterstützt es alle kirchlichen Körperschaften beim Klimaschutz und bildet ein Klimaschutznetzwerk mit den Klimaschutzmanagenden der Kirchenkreise. So ist es auch Anlaufstelle für alle Anliegen, die in Zusammenhang mit dem Klimaschutzplan stehen. 

Die Umsetzung 

Die entscheidende Herausforderung im Klimaschutzprozess ist es, “ins Handeln” zu kommen und aus Worten Taten werden zu lassen. Dabei werden nicht die Anzahl und Größe praktischer Hürden verkannt, die bei der Umsetzung zu überwinden sind und nicht zuletzt die Finanzierung betreffen. Alle kirchlichen Körperschaften sind aufgefordert, nach guten Lösungen zu suchen, um die bestmögliche Klimaschutzwirkung zu erzielen. 

Klimaschutzziel 

Mit der neuen Bilanzierung von Treibhausgasen (THG), die derzeit auf Kirchenkreis- und Landeskirchenebene erarbeitet wird, wird 2023 als Basis für den Emissionsreduktionspfad festgelegt.4 In diesem Jahr wird erstmalig eine flächendeckende THG-Bilanz mit hinreichender Datengüte erstellt. Zudem ist so die Vergleichbarkeit zu Bilanzen anderer Landeskirchen und der EKD sowie zur Situation im Basisjahr gewährleistet. Dieser Pfad sieht bis zum 31. Dezember 2035 eine Reduktion auf 10 % der THG-Emissionen des Basisjahres vor. Ab 2035 soll durch eine Reduktion von jährlich 1 % Treibhausneutralität bis 2045 erreicht werden. Ab dem Jahr 2035 ist vorgesehen, dass die verbleibenden Emissionen durch eine Emissionsabgabe kompensiert werden. 

Emissionskompensation 

Emissionskompensation ist eine Möglichkeit, unvermeidbare Treibhausgasemissionen durch Unterstützung von Klimaschutzprojekten an anderen Orten auszugleichen. Sie sollte nicht als Ersatz für Energieeinsparmaßnahmen und Suffizienzstrategien angesehen werden. Kompensationen können jedoch dazu beitragen, den Klimaschutz in anderen Regionen zu fördern und somit eine positive Wirkung auf die globale Klimabilanz haben. Es gilt die Reihenfolge: Vermeiden – Reduzieren – Kompensieren. 

Spätestens ab dem Jahr 2036 sind alle in der THG-Bilanz ausgewiesenen THG-Emissionen in voller Höhe jährlich zu kompensieren (§ 3 Abs. 2 KliSchG). Die Abgabe kann als sogenannte „freiwillige CO2e-Kompensation“ durch Förderung von Klimaschutzprojekten erfolgen. Die Projekte müssen durch einen Qualitätsstandard (z. B. Gold Standard wie beispielsweise die Klima-Kollekte, Verified Carbon Standard, Social Carbon, Moor Futures – siehe Ratgeber des Bundesumweltamtes) zertifiziert sein. Die Höhe der Abgabe je Tonne THG-Emissionen wird im Klimaschutzplan 2032-2035 verbindlich festgelegt. 

Weitere Nachhaltigkeitsziele 

Da Treibhausgasemissionen nur einen Teilaspekt der planetaren Grenzen betreffen, werden über die Reduzierung der Treibhausgasemissionen hinaus weitere Nachhaltigkeitsziele5 festgelegt. Eine bloße Reduzierung der Treibhausgasemissionen im kirchlichen Bereich könnte bedeuten, dass die ökologischen, sozialen und ökonomischen Folgen unberücksichtigt blieben.  

Ökologische Nachhaltigkeit:

Durch die Förderung der ökologischen Nachhaltigkeit werden langfristig eine gesunde Umwelt und lebenswerte Lebensbedingungen für Mensch und Natur gesichert. Das Naturkapital (d.h. natürliche Ressourcen und Ökosysteme) hat dabei einen eigenen Wert und gilt unabhängig von menschlichem Nutzen zu erhalten. 

  • Reduzierung des Süßwasserverbrauchs / Hochwasserschutz: Durch effizientere Technologien und eine sparsamere Nutzung, beispielsweise in kirchlichen Gebäuden und auf kirchlichen Flächen. 
  • Erhalt der Biodiversität: Dazu gehört die Erhaltung von Lebensräumen, die Begrenzung von Eingriffen in natürliche Prozesse und der Schutz bedrohter Arten.  
  • Reduzierung des Flächenverbrauchs: Durch eine effizientere Nutzung, Neuausrichtung und Entsiegelung von bestehenden Flächen. 
  • Klimafolgenanpassung: Dazu zählen unter anderem Maßnahmen zur Reduzierung des Hitzeeintrags in besiedelten Flächen, wie z.B. Dach- und Fassadenbegrünung und sommerlicher Wärmeschutz. 

Soziale Nachhaltigkeit:

Die Orientierung an sozialer Nachhaltigkeit ist, gerade in Zeiten massiver Veränderung, entscheidend für eine gerechte Ausgestaltung und langfristige Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Systeme. Es gilt, nicht nur soziale Kosten zu vermeiden, sondern die Möglichkeiten und Bereitschaft zur Mitwirkung und damit auch die Wirkung und Akzeptanz von Maßnahmen zu erhöhen. Dabei sind Gerechtigkeits- und Partizipationsfragen leitend – global-räumlich, inter- und intragenerationell, sowohl Chancen- wie auch Verteilungsgerechtigkeit betreffend.  

  • Sozial-ökologische Projekte unterstützen und initiieren: Beispielsweise (Urban) Gardening- oder Upcycling-Projekte, Repair-Cafés, Kleiderbörsen, Fahrrad- oder Carsharing-Initiativen und Saatgut- oder Pflanzentauschbörsen. 
  • Gemeinschaftliche Gebäudenutzung: Kirchliche Räume als offene Treffpunkte für die Gemeinde und den Sozialraum anbieten, um gegenseitiges Verständnis, Kooperationen, gemeinsame Aktivitäten und Projekte entfalten zu können. 
  • Gemeinwesen und Gemeinwohl fördernde Organisationsformen unterstützen, Kooperationen entwickeln, bzw. sich selbst an genossenschaftlichen Modellen, Vereinen, Formen sozialen Unternehmertums beteiligen oder diese (mit-) aufbauen. 
  • Zielgruppenerweiterung: Angebote im Bereich soziale und ökologische Nachhaltigkeit für weitere Zielgruppen, ökumenisch bis überkonfessionell, öffnen. Den interkulturellen Dialog im Sozialraum fördern, z.B. durch gemeinsame Veranstaltungen, interkulturelle Begegnungen oder Sprachkurse, um Vorurteile abzubauen, auf Augenhöhe zu kommunizieren, und gegenseitiges Verständnis zu entwickeln. 

Ökonomische Nachhaltigkeit:

Durch die Umsetzung des Klimaschutzplans wird die Finanzkraft der Kirche gefordert. Sie soll jedoch nicht überfordert werden. Das Ziel ist vielmehr, ökonomische Spielräume der Kirche im Transformationsprozess dauerhaft zu erhalten. Im Zentrum der Umsetzung des Klimaschutzprogramms steht daher ein möglichst effizienter Einsatz von Mitteln. Dabei soll ein Maximum an Effektivität der Maßnahmen im Sinne des Programms erreicht werden.  

  • Suffizienzstrategien: Aktive und Beteiligte in allen kirchlichen Handlungsbereichen werden dazu sensibilisiert, geschult und befähigt, ressourcenschonend zu handeln. 
  • Gebäudestrategie: Die Anpassung (d.h. Verringerung) des kirchlichen Gebäudebestandes an den zukünftigen Bedarf verringert den gesamtkirchlichen Ausstoß von THG-Emissionen und den Kostendruck im Gebäudebetrieb. Gebäude, die dauerhaft nicht mehr für gemeindliche Zwecke benötigt werden, werden möglichst rentierlich vermarktet, um Mittel zur nachhaltigen Sanierung des verbleibenden Gebäudebestands zu erwirtschaften (vgl. Handlungsbereich Gebäudestrategie). 
  • Gebäudeeffizienz: Die dauerhafte Senkung des Ressourcenverbrauchs in den verbleibenden Gebäuden wird erreicht durch eine energiesparende Gebäudenutzung und Energieeffizienzmaßnahmen bei Neubau und Sanierung.

Klimaschutzstrategie 

Die Klimaschutzstrategie der EKvW folgt schematisch vier Handlungsschritten, die sich als Grundmuster in verschiedenen Handlungsbereichen wiederfinden. 

Im Gebäudebereich bedeutet das, dass zunächst die genutzten Gebäude analysiert, bilanziert und an Bedarf und Finanzkraft angepasst werden. Dabei gilt es, auch bisheriges Nutzungsverhalten zu hinterfragen und Verhaltensmuster aufzubrechen (Suffizienzstrategie6). Verbleibende Gebäude werden energetisch saniert, die Energieeffizienz wird gesteigert, insbesondere von Heizungen und elektronischen Geräten. Schließlich setzt die Strategie auf den Umstieg auf erneuerbare Energien entsprechend des abzusehenden Energiebedarfs, um langfristig eine THG-neutrale Energieversorgung zu erreichen.  

Die gleichen Handlungsschritte lassen sich ebenfalls auf die anderen unmittelbar THG-relevanten Handlungsbereiche anwenden: Mobilität, Beschaffung und kirchliche Flächen. 

Treibhausgasbilanz 

THG-Bilanzen bilden die Basis des quantitativen Monitorings und Controllings beim Klimaschutz. Die THG-Bilanz der EKvW gibt einen Überblick über die Verteilung der Energieverbräuche und THG-Emissionen nach Sektoren (Gebäude und Mobilität) und Energieträgern (z. B. Öl, Gas, Strom) in den kirchlichen Körperschaften und hilft dabei, über Jahre hinweg die langfristigen Tendenzen des Energieeinsatzes und der THG-Emissionen aufzuzeigen und zu steuern. Die EKvW orientiert sich in ihrer THG-Bilanz an der Arbeitsanleitung „Zur Ermittlung der CO2-Emissionen in Landeskirchen und Diözesen“ der FEST in ihrer 5. Auflage Juli 2021, am Greenhouse Gas Protocol und am BISKO-Standard.  

Die Bilanzdaten sind zudem eine wesentliche Voraussetzung für die Erstellung von Klimaschutzindikatoren. Klimaschutzindikatoren sind Werte, die in der Bilanz ermittelte Emissions- bzw. Verbrauchsdaten ins Verhältnis mit weiteren Faktoren setzen (Bsp: verbrauchte Kilowattstunden pro Quadratmeter pro Jahr; emittierte Tonnen CO2 pro Gemeindeglied pro Jahr). So werden die Bilanzergebnisse vergleichbar, beispielsweise mit anderen Gebäuden, kirchlichen Körperschaften oder Kommunen. Zudem können verschiedene Unterziele (z. B. Anteil erneuerbarer Energien) festgelegt und der Grad der Zielerreichung kontrolliert werden. 

Erfasst werden sollen die jährlichen Strom- und Wärmeenergieverbräuche der unmittelbar kirchlich genutzten Gebäude und die Dienstfahrtenkilometer von Mitarbeitenden (ehrenamtlich und beruflich) gebündelt für die jeweiligen Körperschaften. Dafür können die zentralen Verwaltungsstellen, die jährlichen Rechnungsdaten der Energiedienstleister und Reisekostenabrechnungen der Mitarbeitenden nutzen. Die Daten sollen jährlich bis spätestens zum 30. Juni des jeweils nachfolgenden Jahres bereitgestellt werden. Als Unterstützung wird im Jahr 2024 ein automatisiertes Energiemonitoring erprobt. 

Die Handlungsbereiche Beschaffung und kirchliche Flächen werden von der landeskirchlichen THG-Bilanz noch nicht erfasst, da diese nicht zu den Primär- und Sekundäremissionen zählen und nur schwer zu bilanzieren sind. Prozentuale Schätzungen der in diesen Sektoren anfallenden Emissionen werden erarbeitet.

Bildquelle:

  • Reduktionspfad: Klimabüro
  • Nachhaltigkeitsziele: Klimabüro
  • Klimaschutzstrategie: Klimabüro
  • Bilanzierung: Klimabüro