Klima-Expertenrat der Bundesregierung kritisiert erneut Versäumnisse beim Klimaschutz

„Doch für den Klimaschutz-Marathon braucht es neben einem langen Atem auch Zwischenspurts“, meinen Klimaexperten der Evangelischen Kirche von Westfalen.

Am heutigen Montag, den 17.423, veröffentlicht der Klima-Expertenrat der Bundesregierung seinen aktuellen Prüfbericht zu den deutschen Treibhausgasemissionen. Der mit fünf renommierten deutschen Wissenschaftlern besetzte Rat wurde mit dem deutschen Klimaschutzgesetz von 2019 etabliert. Er prüft die jährlich vom Umweltbundesamt erhobenen Emissionsdaten und berät die Bundesregierung über sinnvolle Maßnahmen gerade im Fall der Zielverfehlung. Diese Prüfung und Beratung wurde ermöglicht durch die Festlegung von verbindlichen Treibhausgasminderungsziele in den verschiedenen Sektoren (Industrie, Verkehr, Gebäude etc.) in Form maximal zulässiger Jahresemissionsmengen. Dies klimapolitische Roadmap sollte das Einhalten der deutschen Klimaschutzziele von -65% bis 2030, -88% bis 2040 und netto-null Emissionen bis 2045 gewährleisten. Besonders eklatant sind die klimapolitischen Versäumnisse im Verkehrssektor.

Zum Prüfbericht erklärt Klaus Breyer, Leiter des Instituts für Kirche und Gesellschaft (IKG) der Evangelischen Kirche von Westfalen: „Der Prüfbericht zeigt erneut: Deutschland verbummelt weiter den dringen notwendigen Sprint bei der sozial-ökologischen Transformation und verfehlt dabei erneut seine selbstgesteckten Etappenziele. Die Zukunft gewinnen wird man so nicht. Besonders dann nicht, wenn man im Training für den klimapolitischen Langstreckenlauf alle Zwischenziele streicht, wie es die Ampel gerade im Koalitionsausschuss für die einzelne Sektoren (Energie, Industrie, Bauen, Verkehr usw.) getan hat (link zum Beitrag Koalitionsausschuss). Jährliche sektorspezifische Minderungsziele sind zentral für die Überprüfbarkeit des klimapolitischen Fortschritts. Sie erlauben es zudem, die einzelnen Ministerien für Zielverfehlungen in die Haftung zu nehmen und gegebenenfalls gezielt Zwischenspurts hinzulegen. Für diese im Klimagesetz verankerten sektorspezifischen Etappenziele wird Deutschland weltweit beneidet. Mit ihrer jüngsten Entscheidung gibt die Ampel diesen noch von der Großen Koalition erzielten Vorsprung im Klimaschutz leichtfertig auf, nur um den Koalitionsfrieden mit der FDP und ihrem Verkehrsministerium zu wahren. Das darf nicht sein.“

Dr. Sven Rudolph, Klimaexperte am IKG, ergänzt: „Der Emissionshandel in Deutschland und der EU gehört zu den wirksamsten Klimaschutzinstrumenten. Und gerade er benötigt klare jährliche Zielvorgaben, sogenannte Caps, die die in Deutschland und der EU erlaubte Emissionsgesamtmenge deckeln. Da zudem ein alle Sektoren übergreifender Emissionshandel nicht in Sicht ist, braucht es weiterhin auch Emissionsdeckel für die einzelnen Sektoren. Beim Staffelrennen muss man ja auch wissen, welche Läufer*innen wie schnell einzelne Teilstrecken schaffen müssen, damit am Ende die Gesamtzeit stimmt. Und beim Klimaschutz braucht es nichts weniger als Bestzeiten, um die globale Erwärmung auf die vom Weltklimarat geforderten auf 1,5°C zu begrenzen (link zum Beitrag zum Weltklimarat).“