9-Euro-Ticket macht arme Menschen mobiler

Der Armutsforscher Christoph Butterwegge zieht mit Blick auf ärmere Bevölkerungsgruppen eine positive Bilanz des 9-Euro-Tickets und fordert eine vergleichbar günstige Nachfolgeregelung.

Der Kölner Wissenschaftler sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), das Ticket sei „mehr als ein soziales Trostpflaster für die Armen ohne Auto, die nicht von Christian Lindners Tankrabatt profitiert haben“. Man habe sehen können, dass sich die Regionalzüge mit vielen Menschen gefüllt hätten, die sonst aus Geldmangel zu Hause bleiben müssten. Das günstige, bundesweite Nahverkehrsticket habe den Aktionsradius der Menschen deutlich erweitert. „Die neue Möglichkeit, miteinander in persönlichen Kontakt zu treten, wurde offenbar viel genutzt.“

Zum soziokulturellen Existenzminimum für Hartz-IV-Beziehende zähle nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht nur, „dass man keinen Hunger leidet, sondern auch mal ins Kino oder Theater gehen und sich mit Freunden treffen kann“, erklärte Butterwegge. Damit diese Menschen nicht auf ihr engstes Umfeld beschränkt blieben, müssten sie dafür in aller Regel den öffentlichen Nahverkehr nutzen und genug Geld haben.

Zu den sozialen Grundrechten gehöre in einem Sozialstaat wie Deutschland auch ein Grundrecht auf Mobilität, betonte der Kölner Politikwissenschaftler. Zur Finanzierung sagte er, die Kosten für das 9-Euro-Ticket seien mit 2,5 Milliarden Euro in drei Monaten für den Staat „nicht so gigantisch, dass er davon überfordert wäre“.

Das Ticket, das zu den Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung angesichts der steigenden Energie- und Spritpreise zählt, läuft Ende August aus. Es wurde nach Angaben des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen seit dem Start im Juni 38 Millionen Mal verkauft. Für diesen Samstag hat die Initiative „9-Euro-Ticket weiterfahren“ zu einem bundesweiten Aktionstag aufgerufen. Zu den Unterstützern gehören unter anderem Greenpeace und die Jugendorganisationen der Grünen und der SPD. In der Ampel-Koalition in Berlin lehnt die FDP eine schnelle Nachfolgeregelung ab.

Textquelle: epd-West bas kat