Köln, Hamburg (epd). Eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung will beim Klimaschutz Fortschritte sehen. Laut dem am Freitag im ARD-„Morgenmagazin“ (Freitag) veröffentlichten „DeutschlandTrend“, sehen vier von fünf Menschen in Deutschland (81 Prozent) die Notwendigkeit, mehr zu tun. 38 Prozent erkennen demnach sehr großen Handlungsbedarf, 43 Prozent konstatieren einen großen Handlungsbedarf. Wenig Bedarf zum Handeln gibt es aus Sicht von 14 Prozent, gar keinen nach Ansicht von nur 2 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der Umfrage, die wenige Tage nach der Unwetterkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz erfolgte.
Laut WDR hat sich die Einschätzung der Menschen dabei im Vergleich zu Oktober 2019 aber nicht verändert. Kurz nach Verabschiedung des Klimapakets der Bundesregierung hatten die Menschen den Handlungsbedarf schon genauso hoch eingeschätzt wie jetzt.
Nach den Schreckenseindrücken der vergangenen Woche hofft die Klimabewegung „Fridays for Future“ nun auf mehr Entschlossenheit der Politik. „Die Klimakrise ist hier, und sie ist unübersehbar“, sagte Klimaaktivistin Luisa Neubauer am Freitag in Hamburg. Das Hochwasser habe gezeigt, „wie verletzlich wir sind, wenn Wohlstand, der über Jahrzehnte angesammelt worden ist, innerhalb weniger Stunden die Straße runterfließt“. Bei bundesweiten Solidaritätsdemonstrationen am Freitag wollte die Klimaschutzbewegung auch Spenden für die Flutopfer sammeln und in betroffenen Regionen bei Aufräumarbeiten helfen.
Die Wirtschaftswissenschaftlerin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Claudia Kemfert, sprach sich für mehr Investitionen in den Klimaschutz aus. „Jeder Euro, den wir jetzt investieren, spart 15 Euro Klimaschäden ein“, sagte sie in Hamburg. Mit einem Konjunkturprogramm von 90 Milliarden Euro jedes Jahr könne man schon einen Großteil der Emissionssenkungen erreichen, zu denen sich Deutschland verpflichtet habe. Ein Kohleausstieg sei bis 2030 möglich, bis 2040 außerdem der Ausstieg aus Öl und Gas. Von der Politik beschlossen wurde ein Kohleausstieg für das Jahr 2038. Als eventuell mögliche frühere Frist nennt die Bundesregierung das Jahr 2035.
Der Präsident des Umweltbundesamtes, Dirk Messner, forderte im „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Freitag), eine Verpflichtung zum Klimaschutz im Grundgesetz festzulegen: „Nur ambitionierter Klimaschutz kann verhindern, dass die Folgen der globalen Erwärmung noch extremer ausfallen, als wir es in den Überflutungsregionen gerade erlebt haben.“ Wirksame Vorsorge setze gemeinsames Handeln von Bund, Ländern und Kommunen voraus. „Deswegen sollte Klimawandelanpassung eine Gemeinschaftsaufgabe werden – und das muss ins Grundgesetz“, sagte Messner.
Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, beklagte im ARD-„Morgenmagazin“ rückblickend mangelnde politische Unterstützung für sein Haus in der Klimapolitik. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom April indes sei überall die Erkenntnis gewachsen, „dass wir sehr viel im Klimaschutz machen müssen“.
Für den „DeutschlandTrend“ hatte Infratest Dimap am Dienstag und Mittwoch dieser Woche im Auftrag der ARD Bürgerinnen und Bürger per Telefon oder online interviewt. Befragt wurden fast 1.200 wahlberechtigte Personen in Deutschland.
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