Synodenbeschluss Lieferkettengesetz EKvW

Schafft Recht und Gerechtigkeit! (Jer. 22,3) -Für ein starkes Lieferkettengesetz und glaubwürdiges Handeln! 1. Tagung der 19.Synode der Evangelischen Kirche von Westfalen in Bielefeld,16. bis 19. November 2020

Für unseren Konsum und unseren Lebensstil werden weltweit Menschen ausgebeutet und ihre Rechte und deren Gesundheit verletzt. So fehlt es z. B. an sozialer Absicherung und Gesundheitsschutz auf Plantagen, in Bergwerken oder Textilfabriken. Dies hat auch die Corona-Pandemie gezeigt. Eine Folge war, dass viele zehntausende Näherinnen in den Textilfabriken Asiens über Nacht ihr Einkommen verloren. Sie wurden entlassen, ohne jegliche soziale Absicherung. Sie und ihre Familien fielen ins Bodenlose. Denn Modeunternehmen, auch aus Deutschland, bezahlten bereits bestellte Ware nicht. Diese massiven Folgen für die Näherinnen zeigen beispielhaft, wie wichtig es ist, dass Unternehmen Verantwortung entlang ihrer Lieferketten für Menschenrechte übernehmen.

Für den günstigsten Preis werden entlang weltweiter Lieferketten die Umwelt zerstört und die Kosten den Schwächsten aufgebürdet. Damit dies nicht weiter geschehen kann und deutsche Unternehmen ihre Verantwortung für Menschenrechte, Sozialstandards und Umweltschutz wahrnehmen müssen, ist eine gesetzliche Regelung in Form eines Lieferkettengesetzes notwendig. Denn langjährige Erfahrungen z. B. im Kakao- oder Textilbereich zeigen, dass freiwillige Initiativen allein nicht genügen. Es braucht zusätzlich eine gesetzliche Regelung, damit Wirtschaft dem Leben dient. Der Einsatz für faire Handelsbeziehungen ist ein christliches Zeugnis zur Wahrung der Menschenwürde und unterstützt das Bemühen, gegen Hunger, Armut und Ungerechtigkeit anzugehen.

Die Evangelische Kirche von Westfalen unterstützt seit 2019 die Initiative Lieferkettengesetz, in der sich mehr als 100 Menschenrechts-, Entwicklungs- und Umweltorganisationen, Gewerkschaften und kirchliche Akteure zusammengeschlossen haben. Eine Petition an Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde von mehr als 220.000 Menschen unterzeichnet. Unter dem Leitvers „Schafft Recht und Gerechtigkeit“ (Jeremia 22,3) engagieren sich viele Menschen in Kirchengemeinden, Kirchenkreisen und Einrichtungen der Evangelischen Kirche von Westfalen für eine gerechte Wirtschaft und ein Lieferkettengesetz.

Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben, noch in dieser Legislaturperiode ein solches Lieferkettengesetz zu verabschieden, wenn ein Monitoring des Nationalen Aktionsplans (NAP) „Wirtschaft und Menschenrechte“ ergeben sollte, dass weniger als die Hälfte der deutschen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten nicht freiwillig ihren menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten gerecht werden. Das Monitoring ergab, dass nur 13 bis 17 Prozent der Unternehmen, die an der Befragung teilgenommen hatten, die Kernelemente des NAP erfüllen.

Beispiele aus anderen Ländern (Frankreich, Großbritannien, Niederlande) zeigen, dass es möglich ist, Unternehmen verbindlich und mit Sanktionen verbunden zur menschenrechtlichen Sorgfalt zu verpflichten. Auch die EU-Kommission plant entsprechende Vorgaben bzw. Regelungen. Die Bundesregierung sollte mit einem eigenen starken Lieferkettengesetz diesen Prozess vorantreiben. Dies trägt auch dazu bei, deutsche Unternehmen rechtzeitig auf die kommenden EU-Vorgaben vorzubereiten. Das Gesetz ist jedoch innerhalb der Koalition strittig und der Gesetzgebungsprozess blockiert.

Mehr als 70 Unternehmen setzen sich in einem gemeinsamen Statement auf der Plattform „Business and Human Rights Resource Centre“ für eine gesetzliche Regelung ein, damit Unternehmen, die schon jetzt ihren menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten gerecht werden, keinen Wettbewerbsnachteil erleiden.

Damit einheitliche Wettbewerbsbedingungen entstehen, darf das Gesetz nicht nur für wenige große Unternehmen gelten. Entsprechend dem Ansatz der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sollten die Unternehmen zur Sorgfalt für die gesamte

Wertschöpfungskette verpflichtet werden, um so Menschenrechtsverletzungen wie Kinder- und Zwangsarbeit am Anfang der Lieferketten zu adressieren. Zudem sollte das Gesetz, um Wirkung zu entfalten, deutliche Konsequenzen für Unternehmen vorsehen, die Sorgfalts-pflichten verletzen bzw. unterlassen, was in ihrer Verantwortung steht, um ihnen gerecht zu werden. Deswegen sollte das Gesetz eine Haftungsregelung beinhalten sowie den Ausschluss von öffentlichen Aufträgen für solche Unternehmen vorsehen.

Als Kirche ist es unser Ziel, glaubwürdig zu handeln, die kirchliche Beschaffung an sozialen und ökologischen Kriterien auszurichten, also eine öko-faire Beschaffung im kirchlichen Handeln zu verankern, und entsprechende Projekte und Initiativen zu stärken und zu unterstützen. Aufgrund des großen Beschaffungsvolumens von Kirche und Diakonie kann so zu einer Wirtschaft im Dienst des Lebens beigetragen werden.

Begründung des Synodenbeschlusses

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