Diensträder

Vorwort

„Kirchenrad fahren – Schöpfung bewahren“war das Motto der gemeinsamen Initiative der Personalagentur der Landeskirche und dem Institut für Gesellschaft der EKvW um mehr Pfarrer*innen auf`s Rad zu bekommen.

Vor dem Hintergrund, dass in den letzten Jahrzehnten weder gesellschaftlich noch kirchlich im Bereich der Mobilität CO2-Einsparungen realisiert werden konnten, sollte die Initiative einen Beitrag zu drei Handlungsfeldern leisten: Klimaschutz und Schöpfungsbewahrung, Gemeindeaufbau und Gesundheitsförderung. Eine Teilnehmerin hat das auf den Punkt gebracht: „Es tut meiner Gesundheit gut, ich bin sichtbar in der Gemeinde und tue etwas für die Umwelt.“

Die Kirchenkreise haben sich als Voraussetzung für die Förderung Gedanken zu ihrem regionalen Mobilitätskonzept gemacht. Deshalb kann die Initiative nur der Beginn weiterer Maßnahmen, wie zum Beispiel die Ermöglichung eines „Job-Rads“ für alle tariflich Angestellten oder gute Ladeinfrastrukturen für e-Mobilität sein. Die erfolgreiche Initiative macht Hoffnung, dass die dringend notwendige „Mobilitätswende“ auch in unserer Kirche möglich ist.

Förderprogramm

Das von der Kirchenleitung im Juli 2018 beschlossene „Teilkonzept Mobilität“ wurde in 18 Kirchenkreisen umgesetzt. Durch das Förderprogramm haben seit Januar 2019 bis Dezember 2021 353 Pfarrer*innen ein Dienstrad erhalten, das sind ca. 22% der Pfarrpersonen im aktiven Dienst. Der freigegebene Fördertopf ermöglicht die Bezuschussung von insgesamt 500 Fahrrädern.

In dem Beschluss ist die Erstellung von kreiskirchlichen Mobilitätskonzepten eine Bedingung für die Inanspruchnahme eines landeskirchlichen Förderprogramms für Dienstfahrräder für Pfarrer*innen. Die Kirchenkreise haben in Folge dessen Aspekte einer nachhaltigen Mobilität untersucht und sich konkret mit Maßnahmen der Verkehrsvermeidung und -verlagerung auseinandergesetzt.

Beim landeskirchlichen Förderprogramm werden die Anschaffungskosten für Dienstfahrräder mit oder ohne Tretunterstützung von der Landeskirche zu 50 % übernommen, bis zu einer Höhe von 1.000 Euro. Den Restbetrag trägt der Kirchenkreis bzw. die Kirchengemeinde. Das Fahrrad wird den Pfarrer*innen als Dienstrad zur Verfügung gestellt, damit sie im Dienst und gerne auch privat schöpfungsfreundlich unterwegs sein können.

Umfrage

Im November 2021 wurden insgesamt 219 Pfarrer*innen zur Teilnahme an einer Umfrage zur Dienstradaktion aufgefordert. Die hohe Fragebogen-Rücklaufquote von 48% (106 Antworten) spricht für die Bedeutung des Dienstrades für die Mitarbeiter*innen. Bemerkenswert ist außerdem, dass 73% der Befragten zum Abschluss des Fragebogens die Möglichkeit eines persönlichen Statements zum Dienstrad wahrgenommen haben. Eine Auswahl dieser teils sehr emotionalen Aussagen finden sich in dieser Auswertung wieder.

Die Umfrage beinhaltete 16 Fragen zu den drei Themenblöcken Mobilitätsverhalten, Dienstrad und allgemeine Bewertung. Im Themenblock Mobilitätsverhalten wurde unter anderem die Art der Beschäftigung, die Entfernung der Arbeitsstätte zum Wohnort und die Nutzung vom privaten Pkw abgefragt. Im zweiten Themenblock wurde der Anschaffungszeitpunkt, die Antriebsart, die private Nutzung und die bisherige Fahrleistung abgefragt. Im letzten Themenblock wurde neben allgemeinen Informationen zur Person um eine Bewertung des Nutzens des Dienstrades gebeten und zusätzliche Bedarfe erhoben.

Nutzer*innen

Die meisten Pfarrer*innen legen eine Strecke von 1–5 km bis zur Arbeit zurück. Hierbei handelt es sich oft um klassische Gemeindepfarrstellen, die in Pfarrhäusern direkt neben der Kirche wohnen und ihr Dienstrad vor allem für die Gemeindearbeit nutzen.

Der Großteil der Dienstrad Nutzer*innen haben eine Gemeindepfarrstelle inne, insgesamt sind das fast 75%. Da dieser Aufgabenbereich bei Pfarrer*innen insgesamt nur etwa 2/3 der Pfarrstellen ausmachen, sind sie überproportional vertreten. Die übrigen Pfarrer*innen, etwa 25%, arbeiten in Form einer funktionalen Pfarrstelle, also beispielsweise in der Seelsorge, der Diakonie oder der Jugendarbeit.

Der überwiegende Teil der Pfarrer*innen arbeitet in Vollzeit. Dabei wird zwischen einer variablen Arbeitszeit und einer 5-Tage-Wochen (Mo.–Fr.) unterschieden. Der Anteil der Pfarrer*innen in Teilzeit liegt bei ca. 5%. An der Umfrage haben überwiegend Pfarrer*innen ab 55 Jahren teilgenommen. Es haben mehr Pfarrer (62%) als Pfarrerinnen (38%) teilgenommen. Dies entspricht in etwa den prozentualen Verhältnissen im landeskirchlichen Pfarrdienst.

Die Entfernung des Wohnortes zur Arbeit variiert bei den Befragten zwischen wenigen Metern und 30 km. 91% der Befragten verfügen (fast) immer über einen Pkw. Gründe sich gegen die Nutzung eines Dienstrades und für die Nutzung eines Pkw zu entscheiden, können beispielsweise dienstliche (66%) oder private (22%) Transporte und Zeitersparnis (37%) sein. Der häufigste Grund ist allerdings schlechtes Wetter (68%).

Nutzung

Die Pfarrer*innen hatten die Auswahl zwischen Fahrrädern ohne Unterstützungsleistung oder Pedelecs mit Tretunterstützung. Die meisten Pfarrer*innen entschieden sich für ein Pedelec (84%). Die mittlere Fahrleistung, die auf Pedelecs zurückgelegt wurde, steigt bei wachsender Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsort, die Fahrradnutzung nimmt hingegen ab. Das hat zur Folge, dass bei einer Distanz über 5 km die Fahrleistung von Pedelec-Nutzer*innen um 50% höher liegt, als die Fahrleistung der Fahrrad-Nutzer*innen.

Seit Beginn der Kampagne wurden mit den neuen Diensträdern nach den hochgerechneten Befragungsergebnissen insgesamt ca. 1 Million km gefahren, pro Monat entspricht das im Durchschnitt 113 km je Dienstrad. Es wurde festgestellt, dass Frauen im Nahbereich mehr Kilometer zurücklegen (+19%), Männer hingegen eher auf den längeren Distanzen (+46%). Über 50% der Nutzer*innen nutzen das Dienstrad privat mindestens genauso oft wie beruflich, über 40% zumindest gelegentlich. Bei Gemeindepfarrstellen ist die private Nutzung des Dienstrades, unabhängig von der Entfernung zwischen Arbeit und Wohnort, um gut 15% höher als bei funktionalen Pfarrstellen. Überraschender Weise werden Fahrräder privat um 25% mehr genutzt, als Pedelecs.

Fazit

Bei der Bewertung des Dienstrades stehen der Umweltschutz, der Spaßfaktor und die Gesundheit mit deutlichem Abstand an der Spitze. Diese Einschätzung ist unabhängig vom Geschlecht, der Entfernung zwischen Wohn- und Arbeitsort und der Antriebsart der Zweiräder.  Auffallend dabei die herausragende Stellung des Umweltschutzes als wichtigster Grund für ein Dienstrad. Die persönlichen Statements der Befragten bestätigen die hohe Bedeutung, die das Dienstrad-Angebot für die Pfarrer*innen hat. Widerholt heben die Teilnehmenden der Umfrage hervor, über das Angebot eines Dienstrades eine Wertschätzung des Arbeitgebers wahrzunehmen.

Auf den 353 Diensträder in der EKvW wurden bisher hochgerechnet etwa 1.010.000 km zurückgelegt, davon etwa 350.000 km privat und 660.000 km beruflich. Dem entsprechend konnten auf Arbeitgeberseite etwa 200.000 € Fahrkostenerstattung eingespart werden. Da die Projektlaufzeit in den Zeitraum weitreichender Mobilitätsveränderungen aufgrund von Coronaauflagen und Abstandsregelungen fiel, gilt es die Entwicklung des Mobilitätsverhaltens in den kommenden Jahren weiter kritisch zu beobachten.

Die Umfrage hat bestätigt, dass das Dienstrad Autofahrten substituiert und damit die Verkehrswende befördert. Die starke private Nutzung des Dienstrades substituiert auch private Autofahrten. Dabei werden vor allem Kurzstreckenfahrten eingespart, bei denen vom Auto besonders viel CO2e emittiert wird. Mit den Diensträdern wurden so bisher bis zu 215 tCO2e eingespart. Dabei erhöht das Pedelec generell die Reichweite und damit die Fahrleistung gegenüber dem normalen Fahrrad um 40%.

Empfohlene Handlungsansätze

Ausweitung des Dienstradangebotes

Die Ergebnisse der Befragung zum Dienstrad machen den großen Erfolg des Angebotes deutlich.  Es kann einen wichtigen Betrag zur Verkehrswende und damit auch zum Klimaschutz liefern. Es fördert das Gesundheitsbewusstsein der Mitarbeiter*innen und ist damit auch aus Arbeitgebersicht von Bedeutung. Das Dienstrad-Angebot wird von den Mitarbeiter*innen als Zeichen der Wertschätzung wahrgenommen. Aus diesen Gründen sollte das Angebot eines Dienstrades nicht nur aufrechterhalten, sondern auch auf alle Kirchenkreise ausgeweitet werden.

Angebot eines Job-Rades

Die Dienstrad-Befragung hat gezeigt, dass das Dienstrad-Angebot das erhoffte Ergebnis hat.  Es verändert das Verkehrsmittelwahlverhalten zugunsten des Fahrrades, reduziert den Autoverkehr und senkt damit die verkehrsbedingten CO2-Emissionen. Allerdings muss man auch feststellen, dass mit dem Dienstrad nur Dienstfahrten und einige private Fahrten, die vorher mit dem Auto zurückgelegt wurden, ersetzt werden. Die Dienstfahrten spielen in der Klimabilanz der EKvW allerdings nur eine untergeordnete Rolle, sie betragen jährlich etwa 2.100 tCO2. Demgegenüber erzeugt die Beschäftigtenmobilität (Wege zwischen Wohn- und Arbeitsort) knapp 12.900 tCO2/Jahr. Wenn für diese Wege ein sog. Job-Rad angeboten und dieses dann ähnlich genutzt würde wie das Dienstrad, dann könnte bei der Beschäftigtenmobilität sechsmal so viel CO2 eingespart werden wie bei der Dienstmobilität. Deshalb wird empfohlen, das Angebot von Job-Rädern weiter auszuweiten.

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